ABLAUF EINER PSYCHOTHERAPIE
Jeder Mensch ist einzigartig. Und jede Therapie fühlt sich anders an. Trotzdem haben Therapien bestimmte Phasen gemeinsam. Für einen guten Verlauf und zur Orientierung nützt es, sie zu kennen.
Denn: Informierte Patienten sind erfolgreichere Patienten!
Psychotherapie ist mit einer Reise vergleichbar. Nach Klärung der Formalitäten lernt man sich im therapeutischen Reisebüro bei den probatorischen Sitzungen näher kennen, bespricht mögliche Reiseziele und bekommt ein erstes Gefühl, ob man sie auch wirklich zusammen antreten möchte.
Danach wird entschieden, wohin es genau gehen soll und mit den Reisevorbereitungen begonnen (Beziehungsaufbau & Problemanalyse).
Je besser man einander und die auftretenden Reisehindernisse kennen lernt, je mehr wird man zu einem eingespielten Team.
Die Reiseerlebnisse häufen sich (Therapiephase). Irgendwann hat man genug erlebt und findet sich in den Reiseländern gut allein zurecht.
Man winkt dem Reisebegleiter zum Abschied & ist bereit für Neues !
Finanzierung einer Psychotherapie
Seit 1999 ist Psychotherapie ein antragspflichtige Regelleistung der Krankenkassen und damit für Versicherte kostenlos.
Bei Kurzzeittherapien kann die Antragspflicht entfallen.
Ziel einer Psychotherapie muss nicht die vollständige Heilung sein; es kann auch Unterstützung (z.B. bei Krebserkrankung) oder eine starke Linderung der Belastungen sein.
Die Probatorischen Sitzungen
Das Erstgespräch dient dazu, sich ein kurzes Bild Ihrer Beschwerden, Ihrer Therapieziele und vom Behandlungsauftrag zu machen. Therapeuten sind verpflichtet, Sie über Ihre Patientenrechte und Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären.
Sie selbst haben dabei die Möglichkeit herauszufinden, ob die Chemie mit Ihrem Therapeuten/in stimmt.
Entscheiden Sie sich dazu, wiederzukommen, beginnt der Aufbau einer therapeutischen Beziehung und indirekt die Vorbereitungen auf den Psychotherapieantrag.
Dabei wird zunächst (mit Fragebögen und im Gespräch) der Krankheitswert der Störung festgestellt.
In der Folge wird neben der Diagnose ein Modell möglicher Ursachen und aufrechterhaltender Faktoren der Störung erstellt. Das Beschwerdebild wird vertieft und “ausgemalt”.
Typische Problemsituationen werden besprochen und analysiert; der Therapeut/in setzt die Probleme in Zusammenhang mit Ihrer Krankheits- und Lebensgeschichte (Anamnese) wie Ihrer Persönlichkeit und spricht über Ihre Lebensphilosophie und Ziele/Werte im Leben.
Dies ist für eine gute Therapieplanung sehr wichtig. Denn nur, wenn die Therapie Sie versteht und sich Ihren (realistischen) Zielen anpasst, werden Sie auch dauerhaft motiviert sein.
Die probatorischen Sitzungen enden mit dem anonymisierten Psychotherapieantrag bei einem unabhängigen Gutachter. Dieser gibt der Krankenkasse über die Anzahl der bewilligten Therapiestunden Bescheid.
Er kann auch Verbesserungsvorschläge zum Therapieplan des Therapeuten machen.
Beziehungsaufbau & Problemanalyse
Die Therapeutische Beziehung ist eine verstehende, unter-stützende, heilungs- und kompetenzfördernde “Funktion” die Ihnen vom Therapeuten zum Wohle Ihrer Gesundheit und zur Erreichung Ihrer Ziele zur Verfügung gestellt wird.
Sie widmet sich Ihnen mit voller Aufmerksamkeit.
Einige Menschen müssen sich an dieses Beziehungsangebot erst gewöhnen. Zu sehr widerspricht es Ihren sonstigen Beziehungserfahrungen. Zudem ist es auf eine oder zwei Stunden pro Woche begrenzt. Andere Menschen haben Probleme, diesen Aspekt zu akzeptieren.
Zögern Sie nicht, Unwohlsein oder Irritationen in der Beziehung zum Therapeuten jederzeit anzusprechen. Eine Klärung wird fast immer möglich sein; Ihr Therapeut wird dies ebenso tun!
Innerhalb der therapeutischen Beziehung werden Ihre Beschwerden vertieft verstanden und das Modell aus den probatorischen Sitzungen fortlaufend verbessert.
Ihr Therapeut/in wird Ihnen Wissen zur Verfügung stellen, damit auch Sie Ihr Problem wie ein Experte verstehen können.
Gemeinsam ist man dann Lösungen auf der Spur.
In der gemeinsamen Problemanalyse entstehen individuelle Bewältigungsmuster & Schlüsselpunkte, deren Veränderung für die Problembewältigung wesentlich erscheint.
Diese sind teilweise banal, teilweise komplex und können für jeden Menschen (trotz gleicher Störung) sehr verschieden sein.
Deshalb kann Psychotherapie nur in der Interaktion stattfinden und von keinem Computer, keiner Formel oder reinem Wissen ersetzt werden.
An diesen Schlüsselpunkten wird (Ihre Therapieziele geben dabei die Richtung vor) in der Therapiephase gearbeitet.
Sie stehen im Therapiefokus.
Der Therapiefokus kann sich im Verlauf einer Therapie ändern.
Die Therapiephase
Psychotherapie erfolgt “Schritt für Schritt” – sie geht dabei jedoch fast immer systematisch vor.
Das Zusammenspiel der “Schritte” ist entscheidend, damit Sie den nächsten Meilenstein in der Therapie erreichen und Ihren Therapiezielen näher kommen. Hausaufgaben und Übungen in realen Situationen unterstützen Sie dabei.
Da Psychotherapie auf mehreren Ebenen zugleich stattfindet (z.B. Beziehung, eigenes Verhalten, Gefühle, Lebens-philosophie, gesellschaftliche Umstände, Umwelt), beginnen viele Therapiestunden mit einer kurzen Reflektion.
In bestimmten Abständen (alle 5-8 Stunden) wird überprüft, inwiefern Sie Ihren Zielen näher kommen bzw. sich Ihre Beschwerden lindern. Sollten Sie überhaupt nicht vorankommen, können Sie dies jederzeit ansprechen.
Auch ein Therapeutenwechsel ist nach einem Abschluss-gespräch jederzeit möglich.
Veränderungen brauchen Zeit, aber sie entstehen kontinuierlich. Eine Behandlung ist meist umso schwieriger, je länger Sie bereits erkrankt sind und je häufiger und intensiver Ihre Beschwerden auftreten.
In diesem Fall hilft “Huld” – mit ein wenig “Geduld”!
Der Erfolg einer Psychotherapie ist auch von Ihrem aktiven Mitwirken abhängig. Ihr Therapeut kann Ihnen die Veränderungsarbeit nicht abnehmen; sie “nur” erleichtern.
Beim Ausprobieren neuer Verhaltensweisen kann zunächst Unsicherheit entstehen. So geht es uns allen bei den ersten Schritten. Beharrlichkeit führt zum Ziel.
Gelegentlich können Sie das Gefühl haben, nicht voran zu kommen oder dass Sie einen Schritt vor und zwei zurück machen. Oft ist dies der letzte Widerstand vor einem Anlauf, der zu einem Therapiedurchbruch führt.
Insgesamt bewegt sich eine Psychotherapie, nicht immer geradlinig, aber kontinuierlich auf Ihre Behandlungsziele zu.
Sie lernen, sich zunehmend von Ihren Problemen zu lösen; sie besser zu verstehen bzw. zu reflektieren und eigenständig wie auf neuen Wegen zu bewältigen.
Psychotherapie kann zusätzlich ihre geistige Flexibilität; Selbstreflektions- wie Selbststeuerungskompetenzen; Ihre Lebensmotivation oder Ihre Genussfähigkeit steigern.
Abschied und Beendigung der Therapie
Psychotherapie ist von Beginn an Hilfe zur Selbsthilfe; auch wenn sie nicht alle Probleme dieser Welt lösen kann.
Trotzdem erleben viele Menschen das Therapieende als einen Verlust. Deshalb sieht Psychotherapie auch eine Abschiedsphase vor, in der man sich mit den damit verbundenen Gefühlen auseinandersetzt.
Die Abstände zwischen den Therapiestunden vergrössern sich; man blickt auf die gemeinsame Zeit zurück, reflektiert die erreichten Meilensteine und schaut gemeinsam in die Zukunft ohne Therapie. Man vereinbart Strategien, um das Erreichte zu bewahren oder auszuweiten.
Die Intensität der gemeinsamen Arbeit fällt langsam ab.
Und eines Tages ist es dann soweit …
Die Praxis bietet zusätzlich auch einen Nachsorgungstermin ca. sechs Monate nach Ende der Behandlung an.
Die hier skizzierten Eindrücke erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollen das Flair einzelner Therapiephasen vermitteln helfen; den Prozess veranschaulichen und zeigen, was in den verschiedenen Phasen einer erfolgreichen Therapie wichtig ist.